Beispiel für Überarbeitung (SK)

 Digitalisierung im Klassenraum

Die Digitalisierung macht auch vor den Schulen nicht halt. Die einen sehen den Einzug von immer mehr Technik mit Sorge, andere hoffen, damit den Lehrermangel wirksam bekämpfen zu können. Wir haben mit dem Informatiker Peter A. Henning darüber gesprochen.

Herr Henning, werden Lehrer irgendwann durch Computer ersetzt?

Selbstverständlich nicht! Ganz im Gegenteil. Lehrer sind nach wie vor unabkömmlich. Vielmehr können sie durch digitale Lerneinheiten ihren Unterricht freier gestalten und komplexe Stoffe fantastisch visualisieren.

Aber lernen Schüler wirklich noch genauso gut, wenn die Arbeit der Lehrer zunehmend duch digitale Technik übernommen wird?

Aus Studien wissen wir, dass zwei Drittel aller Schüler in Deutschland ohnehin schon mit Hilfe von Internet und digitaler Medien für die Schule lernen. Warum das so ist? Weil Schüler einfach häufig nicht verstehen, was die Lehrer ihnen in der Schule mühsam oder manchmal nicht gut genug erklären. Sie gehen nach Hause, machen den Computer an und schauen sich ein Tutorial auf YouTube an. Danach haben sie es verstanden. Wenn man zur Vermittlung von Basiswissen von vornherein Videos einsetzten würde, könnte das die Lehrer also durchaus entlasten. Sie hätten mehr Zeit, sich individuell um einzelne Schüler zu kümmern.

Könnte man aber nicht auch den Schluss ziehen, dass sich durch Digitalisierung der Lehrermangel beheben ließe?

Das ist ein Märchen, von dem Politiker träumen, die Geld sparen möchten. Lehrer werden natürlich weiterhin gebraucht. Denn Schüler sollten nicht das Gefühl bekommen, allein gelassen zu werden. In der Tat macht die Digitalisierung den Unterricht sogar teurer. Denn Technik kostet Geld.

In den meisten deutschen Schulen kann man ja schon froh sein, wenn überhaupt ein paar veraltete PCs herumstehen und es einigermaßen Internetzugang gibt…

In der Tat! Doch eigentlich ist die Ausstattung gar nicht das Problem. Die Schüler bringen die Technik ja häufig schon mit. Wenn sie heute zur Arbeit fahren, beobachten sie mal, was an Bushaltestellen abläuft, wo Schüler auf den Schulbus warten! Da bilden sich schon unter Grundschulkindern Trauben um diejenigen, die ein Smartphone besitzen, damit umgehen können und den anderen zeigen, was man Tolles damit machen kann.

Meinen Sie damit, wie man Instagram und Whatsapp nutzt?

Bei den Kleinen nicht unbedingt. Es gibt Malprogramme oder Spiele, mit denen Kinder nachgewiesener Maßen wunderbar lernen und Defizite im Lesen oder Rechnen beheben können.

Sind Sie denn dafür, dass auch schon Grundschulkinder ab der ersten Klasse digital lernen sollten?

Das tun sie sowieso.

Aber ist das wirklich so gut?

Naja, die Schule hat doch den Anspruch, auf das Leben vorzubereiten. Und wenn wir heute nun mal ein Leben führen, in dem wir uns zum Beispiel Informationen zum Großteil digital beschaffen und eben eher auf dem iPad malen als mit Stift und Papier, dann darf die Schule nicht zu einer Blase werden und sich dieser Realität verschließen. Sie sollte den Schülern vielmehr beibringen, wie genau die Technik funktioniert, die man täglich nutzt. Es gibt da übrigens ein schönes YouTube-Video, in dem chilenische Erstklässler den sogenannten Bubble Sort Algorithmus vortanzen. Es zeigt, dass man die digitale Welt auch verstehen lernt, ohne dabei zwangsläufig vor einem technischen Gerät mit Bildschirm sitzen zu müssen.

Aber was passiert im Gehirn, wenn digitale Technik selbst in der Schule immer präsenter wird?

Noch kann niemand genau sagen, wie sich ein Gehirn, das mit Hilfe digitaler Technik lernt, von einem Gehirn unterscheidet, das sich ohne sie Wissen aneignet. Was wir jedoch an Studierenden sehen können, ist dass sie heute ganz anders an Probleme herangehen. Früher tauchte man direkt in die Tiefe. Heute vernetzt man sich erst einmal und schaut, wer vielleicht schon Lösungen hat oder wo es Hilfe gibt. An der Universität wird heute auch häufiger im Team gearbeitet. Tatsächlich ist diese Herangehensweise auch im Berufsleben längst schon Realität geworden: Jeder Ingenieur arbeitet schließlich mit dem Internet, nicht zuletzt, um seine Probleme mit anderen Kollegen diskutieren zu können.

Herr Henning, vielen Dank für das Gespräch!

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